Soziales Lernen in der Pestalozzischule

1. Konflikte

Konflikte gehören zum Alltag. Sie werden oft als negativ, störend und unerwünscht angesehen. „Konflikte machen Angst, Angst davor, sie nicht bewältigen zu können, zu verlieren und seine Bedürfnisse zurückstellen zu müssen.“ (1)

Konflikte gehören zum Alltag. Sie sind wichtig, denn sie weisen auf Probleme hin, sie fördern Innovationen, lösen Veränderungen aus, regen Interessen an, stimulieren die Kreativität, festigen Gruppen, führen zu Selbsterkenntnissen und verlangen nach Lösungen. (2)

Konflikte gehören besonders zum Schulalltag. Die Schulgemeinschaft ist eine Art Zwangsgemeinschaft. Niemand kann sich seine Klassenkameraden oder seine Lehrerin aussuchen. Konflikte entstehen unter den Schülerinnen und Schülern, wenn z.B. fremdes Eigentum nicht geachtet wird, wenn Regeln und Abmachungen in Spielen nicht befolgt und Niederlagen nicht verkraftet werden oder wenn ein Kind sich ausgeschlossen fühlt. Konflikte entstehen auch, wenn Erwachsene (Eltern oder/und Lehrerinnen) Erwartungen, Wünsche und Interessen haben, die nicht denen der Kinder entsprechen. (3)

Konflikte selbst haben noch nichts Negatives. Negativ kann nur das Konfliktverhalten der Beteiligten sein. Lernen Kinder jedoch, Konflikte so anzugehen, dass für beide beteiligten Parteien akzeptable Lösungen gefunden werden, so fördert dies Lern- und Gruppenprozesse und die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder. Die Reaktion eines Kindes auf eine Konfliktsituation ist abhängig u.a. von seinem Alter und seinen Lernprozessen. Es muss zunächst lernen, seine eigenen Gefühle wahrzunehmen und sich in einem Konfliktverlauf immer wieder seinen Gefühlen bewusst zu werden und diese zu beherrschen. Zudem ist es wichtig, sich in den anderen hineinzuversetzen.  (4)

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(1) Rosenbahn, Steffanie. Konflikte in der Grundschule – gemeinsam mit Kindern lösen. Marburg . S. 17
(2) Vgl. ebd. S. 18
(3) Vgl. ebd. S. 19ff
(4) Vgl. ebd. S. 16ff

2. Schulordnung

Konflikte lassen sich vermeiden, wenn sich alle Beteiligten an verbindliche Regeln halten und sich angemessen verhalten. Die folgende Schulordnung wurde gemeinsam von den Kindern und Lehrerinnen der Pestalozzischule erstellt und durch die Eltern bestätigt. Auf die Einhaltung der Schulordnung legen wir für ein friedvolles Miteinander besonderen Wert.

Die Schulordnung wird in Form einer Vereinbarung von jedem Kind, seinen Eltern und der Klassenlehrerin anerkannt und unterschrieben.

Schulordnung

Ich fühle mich in der Schule wohl, wenn sich alle an folgende Regeln halten:

Zuverlässig und sorgfältig sein
Ich erscheine pünktlich zum Unterricht und zu vereinbarten Terminen.
Ich bleibe vor dem Unterricht und in den Pausen auf dem Schulhof.
Ich stelle mich mit den anderen Kindern geordnet auf.
Ich folge den Anweisungen aller Lehrpersonen.
Ich mache meine Hausaufgaben.
Ich bringe immer alle Schulsachen mit.
Ich gehe mit allen Schulsachen, die mir, den anderen Kindern oder der Schule gehören, sorgfältig um.
Ich halte meinen Platz, meinen Klassenraum, das Schulhaus und den Schulhof – einschließlich der Toiletten – sauber.

Verantwortung tragen
Ich gehe langsam und ruhig durch das Schulhaus.
Ich öffne und schließe Türen vorsichtig.
Ich lasse gefährliche und elektronische Gegenstände und Spielzeug zu Hause.
Ich bringe niemanden in Gefahr.
Ich klettere und turne nur auf den Klettergerüsten.
Ich hole Hilfe für verletzte Kinder.

Gemeinsam arbeiten und spielen
Ich höre anderen zu und lasse sie ausreden.
Ich biete anderen Hilfe an und lasse mir auch helfen.
Ich arbeite und spiele in den Gruppen mit.
Ich lasse auch die Ideen der andern zu.
Ich lasse andere in Ruhe.
Ich benutze einen freundlichen Umgangston.

Streit vermeiden
Ich akzeptiere, dass jeder anders ist.
Ich versuche, bei Streit Frieden zu stiften.
Ich verwende freundliche Wörter, wenn ich mit anderen rede.
Ich verwende freundliche Wörter, wenn ich über andere rede.
Ich erkenne die Grenzen des anderen an („nein“ heißt „nein“).

3. Förderung des angemessenen und erwünschten Verhaltens

Kinder lernen durch Vorbilder. Alle an der Erziehung beteiligten Erwachsenen haben für die Entwicklung und Förderung sozialer Kompetenzen eine besondere Verantwortung: Eltern, Lehrerinnen, Erzieherinnen und Mitarbeiterinnen im Offenen Ganztag. Erwachsene sollten immer konsequent, verlässlich und in ihrem Verhalten berechenbar sein. Sie nehmen die Kinder ernst, indem sie das Gespräch mit ihnen suchen, sich Zeit für sie nehmen und deren Meinungen, Interessen und Gefühle erfragen. Dabei lassen sie die Kinder ausreden, räumen ggf. eigene Fehler ein. Durch Anerkennung und Lob werden angemessene oder positive Verhaltensweisen der Schülerinnen und Schüler verstärkt.

Lehrerinnen und Betreuerinnen greifen in der Schule aktuelle Konfliktsituationen auf und leiten die Schülerinnen und Schüler an, Konflikte angemessen anzugehen und zu einer positiven Lösung – zur Zufriedenheit beider Parteien – zu gelangen. In Kooperation mit dem Offenen Ganztag ist die Initiierung eines Streitschlichterprogramms geplant, bei dem Schülerinnen und Schüler ausgebildet werden, in Konflikten vermittelnd einzugreifen.

Aber auch losgelöst von aktuellen Vorkommnissen werden Unterrichtseinheiten zum Thema Konfliktbewältigung regelmäßig – spätestens alle vier Wochen – und in einem der Fächer durchgeführt. Regeln für die Gemeinschaft (Schulordnung und Klassenregeln) werden mit den Kindern erarbeitet, eingeübt und überprüft.

Durch folgende Maßnahmen können die Regeln eingeübt werden: Aushang der Regeln im Klassenzimmer, Herausheben einer Regel als Regel der Woche, Wiederholung bei aktuellen Anlässen und Thematisierung bei Verstößen, Kooperationstraining im Förderband.

Ein Unterricht, der losgelöst von Themen soziale Kompetenzen stärkt, muss folgende Strukturen aufweisen:

Klare Vorgaben (z. B. Tagesplan, Wochenplan) und Rituale (z. B. Morgengebet, Erzählkreis) geben den Kindern Sicherheit und helfen ihnen, sich im Unterricht zu organisieren. Partner- und Gruppenarbeiten fördern kooperatives Lernen und Teamfähigkeit. Durch Rollenspiele, Geschichten und Meditationen lernen die Kinder, sich selbst zu erfahren und sich in andere hineinzuversetzen. Der Einsatz von Stilleübungen und Phantasiereisen leitet die Kinder zu konzentriertem Arbeiten an. Ziel ist es, die Schülerinnen und Schüler zunehmend in die Planung von Unterricht, Projekten und Ausflügen mit einzubeziehen. Hierdurch erfahren die Kinder, dass sie ernst genommen werden und dass die Lehrerinnen ihnen zutrauen, Verantwortung für ihr Lernen zu übernehmen.

In Lehrerkonferenzen tauschen sich die Lehrerinnen regelmäßig über Unterrichtsinhalte und Methoden zu diesem Thema aus. Hierzu wird im Kollegium eine Literatur- und Materialsammlung aufgebaut.

Mit folgenden Personen und Institutionen kooperieren wir im Hinblick auf die Förderung eines angemessenen Verhaltens:

  • OGS
  • Kinder- und Jugendzentrum Grimlinghausen
  • Kindertagesstätten
  • Kirchengemeinde St. Cyriakus
  • z. B. Vivo-Art (Projekt „Mit Eigensinn und Gemeinsinn“)
  • Beratungsstellen (Balance..)
  • Jugendamt
  • Förderschulen für soziales und emotionales Lernen

4. Maßnahmen bei unerwünschtem und unangemessenem Verhalten

Die Förderung sozialer Kompetenzen in Unterricht und Schule stellt bereits erzieherische Maßnahmen zur Hinführung angemessenen und erwünschten Verhaltens dar. Sollten diese Erziehungsmaßnahmen dennoch nicht ausreichen und erhebliche Verstöße gegen die Schulordnung auftreten, können die im Folgenden beschriebenen Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen getroffen werden.
Die Erforderlichkeit einer Erziehungs- und Ordnungsmaßnahme bemisst sich immer am konkreten Sachverhalt und sollte im Zusammenhang zu diesem stehen. Dabei ist stets auf Angemessenheit zu achten. Alle erteilten Maßnahmen werden von der Lehrerin kontrolliert.
Die zuerst greifenden erzieherischen Maßnahmen sollten kommunikative Maßnahmen sein. Die Lehrerin führt zunächst – je nach Situation – das persönliche Gespräch mit dem Kind, der Klasse und den Eltern. Je nach Schweregrad des Verstoßes erfolgt eine schriftliche Mitteilung an die Eltern und/oder ein Gespräch mit dem Kind, der Schulleiterin und der Lehrerin.
Ist der Verstoß gravierender, erfolgen weitere Maßnahmen. Diese können folgendermaßen aussehen: Die Lehrerin bzw. die Schulleiterin ordnet eine pädagogische Maßnahme an, die sich – nach Möglichkeit – direkt auf den Verstoß bezieht (z.B. Kehren des Schulhofes bzw Tische putzen bei mutwilligen Verschmutzungen und Zerstörungen, für eine Zeit Schiedsrichter beim Fußball sein, wenn es ständig zu Konflikten beim Spielen kommt …). Eine weitere Möglichkeit ist die Erstellung eines Pausenprotokolls, eine kurze Auszeit in der Nachbarklasse oder die Nacharbeit unter Aufsicht. Hierbei ist eine Wiedergutmachung in jedem Fall erforderlich.
Um sich mit dem Fehlverhalten intensiv auseinandersetzen zu können, kann es zusätzlich zur Bearbeitung eines Denkzettels kommen:

  • Er wird nur bei gravierenden oder wiederholten Tätlichkeiten eingesetzt.
  • Es gibt zwei verschiedene Versionen: Klasse 1 / 2 und 3 / 4.
  • Die ausgebende Lehrerin kontrolliert und bespricht den Denkzettel.
  • Die Eltern bestätigen durch ihre Unterschrift, dass sie den Denkzettel zur Kenntnis genommen haben und mit ihrem Kind besprochen haben.
  • Der Denkzettel wird der Schulleiterin zur Kenntnis gegeben.
  • Der Denkzettel wird in die persönlichen Akten des Kindes geführt.
  • Nach dem dritten Denkzettel (Denkzettel bleiben die gesamte Grundschulzeit. bestehen) erfolgt eine Teilkonferenz für Ordnungsmaßnahmen.

Reichen die hier beschriebenen erzieherischen Maßnahmen nicht aus, können zusätzlich weitere Maßnahmen unter Einbezug der Eltern eingeleitet werden: Ist das Verhalten des Kindes im Unterricht für die Klasse nicht mehr tragbar, muss das Kind sofort abgeholt werden. Eine weitere Maßnahme ist die Beobachtung des Kindes durch einen Erziehungsberechtigten im Unterricht.
In letzter Konsequenz kann eine Teilkonferenz für Ordnungsmaßnahmen eingeleitet werden. Diese kann einen schriftlichen Verweis aussprechen, eine Versetzung in die Parallelklasse oder einen Ausschluss vom Unterricht bis zu zwei Wochen anordnen
Zeigt ein Kind ein Verhalten, das einen ordnungsgemäßen Unterricht nicht mehr möglich macht, fremdes Eigentum in keiner Weise respektiert oder gar seine Mitschüler oder Lehrerinnen in Gefahr bringt, muss überprüft werden, ob dieses Kind noch in einer Regelschule unterrichtet werden kann.